Interview mit XamAM

1 – XamAM, ich möchte, dass Du ein wenig aus Deinem Leben erzählst.

Geboren wurde ich aus dem Bauch einer mutigen Mestizin, einer Mischung aus Indern und Weißen, und einem besonders gütigen Vater. Er war ein uneheliches Kind eines Dunkelhäutigen mit einer einfachen Frau, einer Köchin. Ich wurde großgezogen von drei unverheirateten Frauen, die ich als meine Heiligen Drei Könige ansah, die mit mir meine Bestimmung gewoben haben, die mich erfüllt haben mit Geschichten und Träumen. Als Kind war ich bis zum siebten Lebensjahr Asthmatikerin, bis meine Patentante Bebela mich eines Tages zu einem Heiler mitnahm, um im Feuer von Sankt Johannes geheilt zu werden; der Heiler wohnte an einem Ort der Poço, Maceió, in Alagoas hieß. Ich habe ihn niemals vergessen, denn er hat mich geheilt, und mir die Möglichkeit eröffnet, zu spielen und durch das Leben zu gehen – mit meiner eigenen Atmung – zu rennen, Eis am Stiel zu lutschen, zum Strand zu gehen... Ich habe Respekt und unaussprechliche Dankbarkeit für meine Drei Könige, ich will bis ihrem Geburtsort gehen, am Strand der Hügel in Alagoas, um den Geruch von Seeluft riechen, von weißem Sand und von dem Meerwasser, von dem sie mir immer so viel erzählt haben. Den Duft der Haare meiner Großmutter, Dona Mariazinha, die Mutter derjenigen, die mir beigebracht haben, was die wahre Liebe ist. Alle sind bereits in anderen Dimensionen, aber der Duft von ihnen ist immer noch lebendig in mir, die Erinnerungen an sie und ihr Schutz in mir und für mich. Ihr Einfluss auf mein spirituelles Leben ist eine so lebendige Markierung, dass sie sich zu einer Tätowierung in meinem Wesen verwandelt hat.

Ich wurde erwachsen, heiratet, hatte fünf Kinder und empfing meinen inneren Ruf. Dem folgte ich. Ich liebe es, das zu tun, was ich tue, ich wüsste nichts anderes zu tun. Mein Weg ist geleitet durch mein Herz und in diesem Sinne ist der Schamanismus meine Geschichte und meine Bestimmung. Vor vielen Jahren lernte ich, tief in die Natur einzutauchen und in Ihr die Unterweisungen zu suchen, die zu finiden meine Seele mir aufgetragen hat; zu verstehen, dass ich ein kosmisches Wesen bin, besser noch: das wir alle kosmische Wesen sind, die einen Auftrag zu erfüllen haben. Und all dieses ohne eine religiöse Vision im institutionellen Sine, sondern eine wahrhaftige Religion (lat. religare = sich rückverbinden), ein Sich-Rückverbinden mit der eigenen Seele, mit unserem höheren Geist.

2 – Welche akademische Ausbildung hast Du. Wie hast Du den Schamanismus für Dich entdeckt. Was bedeutet... Wie bist Du zu einer Schamanin geworden.

Ich bin Psychologin mit Abschluss an der Föderalen Universität von Bahia (UFBa), wo es zu jener Zeit lediglich eine Institution gab, die diesen Kurs anbot. Ich lernte, meine Gedanken zu ordnen und die Funktionsweise der Psyche besser zu verstehen. Der Schamanismus kam als eine höhere Wahl, ich hatte nie daran gedacht, diesem Weg zu folgen, im Gegenteil dachte ich daran, dem akademischen Weg zu folgen, und machte daher meinen Abschluss in Psychoanalyse, machte Psychodrama, studierte viel Gestalttherapie, aber die Bestimmung hat mich für etwas Höheres vorgesehen, und auf diese Weise fühlte ich eine große Unruhe in mir und ich war auf der Suche nach Etwas, von dem ich nicht wusste, was genau es sei, aber ich wusste: wenn ich diesem Etwas begegnen würde, würde Ruhe in mir einkehren. Ich reiste viel, und eine für mich emblematischen Reisen führte mich auf die Suche nach dem Magier von Strovolos, der in jener Epoche lebte. Nach einer sehr tiefen und unangenehmen Reise traf ich ihn und wurde von ihm empfangen. Dort trank ich von der Quelle und hörte ihn sagen: „geht weiter nach Peru, Du bist eine Inka!“ Von da an begann alles und ein großes Portal, voll weiterer Portale öffnete sich vor mir. Alles oder Nichts. Ich ging los, und begegnete allem, nach dem ich so lange gesucht hatte, mein Gefühl ist, dass ich mich wieder neu verbunden habe mit meinen Vorfahren und mir selbst. Und eine der schönen Dinge die ich fühle ist, das ich in jedem Mment lerne, dass der Schamanismus ein Prozess ist, eine Eintauchen ohne Garantien, und ohne einen Weg zurück.

3 – Ist Schamanismus eine Religion, besser gesagt: lebst Du ihn wie eine Religion?

Der Schamanismus, so wie ich ihn lebe, ist eine Religion (lat. religare = sich rückverbinden) im ursprünglichen Sinn dieses Wortes, nicht im Sinne einer Sekte; Schamanismus bedeutet für mich eine eigene Form zu leben, eine Form, in der die Natur Führerin und Meisterin ist. In der Tradition, in der ich arbeite, suchen wir danach, uns der Göttlichen Mutter hinzugeben, der Mutter, die uns mit Leben und Licht versorgt, damit wir weitergehen, die Mutter aller Mütter und aller Väter, die Mutter des Universums. Diese Tradition praktizieren wir in einer Form, in der wir uns wieder rückverbinden mit dem verlorengegangenen Göttlichen in uns, als eine Form unsere Herkunftslinie zu verstehen, und wahrhaftig unserer Göttlichen Bestimmung zu folgen. Die wahrhaftige Rückverbindung. Das Wunder des Lebens.

4- Du hast die ganze Welt bereist, erzähle uns ein wenig von Deinen Reisen, von Deinen Gefühlen...

Ich reise viel. Ich erhalte Einladungen aus vielen Ländern der Erde, um dort zu sprechen oder mit den Werkzeugen zu arbeiten, an die ich glaube. Ich habe Wanderungen gemacht, auf denen ich unzählige Gruppen nach Indien, Peru, Estland, Italien führte, ich arbeite seit 1998 mit Gruppen in Deutschland und seit 2012 in England, habe viele Jahre lang den Jakobsweg nach Santiago de Compostela bewandert, Reisen in Sardinien organisiert, in Italien und natürlich in Brasilien. Meine Arbeiten sind natürlicherweise schamanisch und dienen sämtlich dem großen Zweck, dass jeder einzelne Mensch sich wahrhaftig kennenlernt und sich auf diese Weise von unnützen Glaubenssätzen befreien kann, von seiner Roboterisierung und von Einbildungen, die von unserem unwissenden Geist erschaffen wurden. Alle diese Erfahrungen sind Früchte großer Hingabe und großem Verzicht bezüglich meines persönlichen Lebens. Ich betrachte das als Portale die ich zu durchschreiten habe und dem folge ich; das alles verlangt viel Glauben, denn ich habe nichts, das mir den nächsten Tag sichert, alles ist eine große Reise ins Unbekannte, ein Eintauchen in mich selbst, aber ich versichere mich an jedem Tag, dass ich geführt werde und immer wieder wunderbare Menschen treffe, die mir helfen, die mir Türen öffnen, Meisterinnen und Meister die ich sehr liebe, die meinen Weg und meine Wahl unterstützen. Darüber hinaus zähle ich auf meinen Partner, der mit mir seit 1999 zusammen ist, ebenfalls in diesen Weg eintaucht, und der mir bei allem hilft, und in meinem Alltagsleben in einer bejahenden, mutigen und friedfertigen Art gegenwärtig ist.

5 – Wie oft warst Du verheiratet, wie viele Kinder und Enkel hast Du.

Ich habe nur zweimal geheiratet, rsrsr, mit meiner ersten Ehe hatten wir eine große Familie mit 6 Kindern, drei biologischen und drei, die mein Ex-Ehemann mitbrachte, das sind Kinder meiner Seele, Wesen, die meine Bestimmung für mich in diesem Leben vorgesehen hat. Ich habe 7 Enkel, mit zweien davon lebe ich sehr nahe zusammen, die anderen leben weiter entfernt, leider, denn ich entdecke jeden Tag dass es sehr schön ist, eine Grußmutter zu sein.

Aus meiner zweiten Ehe haben wir keine Kinder, das war eine Wahl von uns, und insbesondere von mir, nämlich andere Söhne und Töchter aufzunehmen, die aus anderen Bäuchen kamen und die auf der Suche waren und sind nach dem Weg, sich selbst kennenzulernen.

6 – Folgt einer aus Deiner Familie Deinen Fußstapfen.

Ich weiß nicht, ob sie meinen Fußstapfen folgen, oder ob sie ihren eigenen Schritten gefolgt sind auf den Wegen, die ich ging. Meine Tochter Minah, geborene Maria Izabel, Mutter von meiner Enkelin Mani, folgt diesem Weg durch die Kunst, an die sie glaubt, Kunst um andere aufzuwecken, Filme die sie herausgibt, und das Leben das uns mitnimmt zum Eintauchen in die Natur und in die Gemeinschaft und Stiftung Terra Mirim, der Ort an dem wir wohnen.

Mein Sohn Thyago, der nach und nach entdeckte, dass er sich dieser großen Bewegung zugehörig fühlt.

Und meine anderen Kinder, die ihren Wegen in anderer Weise folgen, aber mich immer unterstützen und mir immer respektvoll sagen, dass es ihnen eine Ehre ist, dieser großen Reise zu dienen.

7 – Wie siehst Du aktuell den Schamanismus in der Welt?

Aktuell verbreitet sich der Schamanismus mehr und mehr; früher übten nur Eingeborene diese Form zu leben und zu sein aus, während heute, und das ist deutlich anders, die Wissenschaft, mit Hilfe der von ernstzunehmenden Wissenschaftlern durchgeführten Forschungen, ohne jede Vorurteile und auf der Suche nach sich selbst, bereits einräumen, dass der Schamanismus eine Form ist, um die innere Erleuchtung zu erreichen, um Frieden und Liebe ohne Vorurteile zu erreichen. Als ich begann, den Schamanismus nach Bahia zu bringen, da gab es so viele Vorurteile, ich wurde dermaßen kritisiert, so verletzend verurteilt, dass ich dachte, ich könne dem nicht standhalten, aber die Zeit ging vorüber, und ich behauptete mich weiter, und jetzt wollen viele Menschen, die mich einst kritisierten, selbst Schamanen sein oder unsere Rituale und unsere Werkzeuge der Heilung nutzen.